Allerheiligen und Allerseelen

Gedanken von P. Prior Maurus Zerb OCist

Die Vorläufer Christi mit Heiligen und Märtyrern von Fra Angelico
Die Vorläufer Christi mit Heiligen und Märtyrern von Fra Angelico

Das Kirchenjahr nähert sich seinem Ende, der Herbst und die dunkle Zeit erinnern uns an die Vergänglichkeit alles Irdischen. So liegt es nahe sich auch jener besonders zu erinnern, die uns in die Ewigkeit vorangegangen sind. Allerheiligen erinnert uns an jene, die wir für besondere Gottesfreunde halten, die Heiligen. An jedem Tag des Jahres feiern wir einen oder mehrere Heilige die offiziell heiliggesprochen sind. Da stellt sich doch die Frage was ist eigentlich Heiligkeit? Und – sind alle Heiligen offiziell kanonisiert?

Das zweite Hochgebet beginnt mit den Worten: „Ja, du bist heilig großer Gott, du bist der Quell aller Heiligkeit.“ Gott ist der allheilige, von dem jede Heiligkeit ausgeht. Durch die Taufe sind wir gleichsam in diese Quelle getaucht und haben so Anteil an der Heiligkeit Gottes. Daher schreibt Paulus in seinen Briefen immer: „Grüßt alle Heiligen…“ Das sind jene, die durch ihre Taufe Christus angehören, die durch die Taufe geheiligt sind.

So sind auch wir durch die Taufe geheiligt. Nun erwartet man von Heiligen immer besondere Wundertaten oder ein hartes asketisches Leben. Gehört das prinzipiell zur Heiligkeit dazu?

Zum einen wirkt das Wunder immer Gott – auf die Fürbitte des Heiligen, zum anderen nicht jeder kann ein Asketenleben führen. Worin begründet sich also Heiligkeit? Nicht so sehr in auffälligen Leben mit mystischen Nebenerscheinungen, sondern vielmehr in einer grundsätzlichen Entscheidung für ein christliches Leben. Ein Umsetzen des Glaubens in den Alltag, das geduldige Annehmen von Schwierigkeiten und diese aus dem Glauben heraus zu tragen, den Glauben mit seinem Leben zu bezeugen. Heiligkeit ist also nicht unbedingt immer mit außerordentlichen Erscheinungen verbunden. Ich denke an die heilige Therese von Lisieux und ihre Lehre vom kleinen Weg zur Heiligkeit. Ich denke an die heilige Catherine Laboure, die auf den Wunsch der Gottesmutter die Wunderbare Medaille prägen ließ. Niemand, außer ihrem Beichtvater, wusste um diese Erscheinungen. Erst nach ihrem Tod wurde bekannt, welches geistliche Innenleben diese einfache Ordensfrau hatte. Ebenso war es bei Sr. Fidelis Weiß aus Kloster Reutberg, die ein einfaches Ordensleben führte, in dem sie treu und bewusst ihre Gelübde in den Alltag umsetzte und von großer Gottesliebe erfüllt war. 

Aber nicht nur Ordensleute, Priester sind zur Heiligkeit berufen. Das II. Vatikanische Konzil hat erneut in Erinnerung gerufen, dass alle Getauften zu dieser Heiligkeit berufen sind. Der heilige Papst Johannes XXIII. hat den Begriff „Aggiornamento“ geprägt, was am besten mit „verheutigen“ übersetzt wird. Heiligkeit hängt genau damit zusammen, dass wir unseren Glauben ins heute übersetzen und Leben. Allerheiligen – nicht jeder Heilige ist kanonisiert – und das ist auch nicht nötig, denn gibt es viele bekannte Heilige, so gibt es bestimmt noch mehr, die unerkannt in dieser Welt gelebt haben. 

Weil die Kirche eine große Gemeinschaft ist, die sich raum- und zeitübergreifend versteht, gedenken wir auch unserer Verstorbenen. Wir schmücken ihre Gräber und zünden Kerzen darauf an. Das soll bedeuten, dass wir sie nicht vergessen und uns mit ihnen auch über den Tod hinaus verbunden fühlen. Wir beten für sie, falls sie unsere Fürbitte benötigen, dass sie in österlicher Freude Gottes Angesicht schauen. 

Halloween hat mit unserem christlichen Brauchtum in dieser Zeit nichts zu tun, es erinnert viel mehr an Mächte und heidnische Opferrituale, die, so glauben wir, mit dem Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn überwunden sind. Auch wenn das ganze „nur“ ein kommerzieller Partyscherz sein soll, wäre es doch gut, sich an unsere christlichen Bräuche zu dieser Zeit am Ende des Kirchenjahre zu erinnern.